Wasserstoff kann die Energiewende beflügeln – aber das dauert

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die immer offensichtlicher werdenden Folgen des Klimawandels haben den Druck massiv erhöht, Alternativen zu fossilen Energieträgern zu finden. Einige Hoffnung setzt die EU in die Produktion von grünem Wasserstoff.

Die im März vorgestellten Ziele der EU sind ambitioniert: Fast ein Drittel der zuletzt importierten Menge russischen Erdgases könnte dadurch ersetzt werden. Ein riesiger Zukunftsmarkt entsteht – Branchenexperten schätzen das Volumen auf 2,3 Billionen Euro.

Bis 2030 sollen 10 Millionen Tonnen „grünen“ Wasserstoffs in der EU produziert und die gleiche Menge dazu importiert werden.  Durch das Projekt „Repower EU“ kommen allein knapp 50 Milliarden Euro Fördermittel aus den großen EU-Ländern, um das Ziel erreichen zu können.

Bisher ist die Produktion von Wasserstoff noch teurer als die Alternativen. Das Gas wird durch Elektrolyse hergestellt. Hierfür wird durch Zuführung von Energie das Wasser in die Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Auf der Erde kommt Wasserstoff größtenteils gebunden in Wasser vor und hat daran einen Masseanteil von elf Prozent.

CO2-neutral ist ausschließlich der grüne Wasserstoff, welcher durch Strom aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird. Hierzu wird bei der moderneren PEM Methode (Proton-Exchange-Membrane) mit Druck und Edelmetallelektroden (Platin) Wasserstoff abgespalten.

Anteil grüner Produktion noch verschwindend gering

Der augenblickliche Anteil des grünen Wasserstoffs liegt leider bei nur knapp 2 Prozent der gesamten Produktion. Rund 90 Prozent des benötigten Energieträgers werden derzeit noch aus fossiler Energie geschaffen (sog. grauer Wasserstoff).

Eine Übergangslösung, bis ausreichend grünes Gas produziert werden kann, könnte blauer Wasserstoff sein. Hier werden zwar fossile Energieträger genutzt, allerdings das entstehende CO2 eingelagert. In Norwegen wird dies bereits durch den Energiekonzern Equinor betrieben. Das Kohlendioxid wird 2000 bis 3000 m unter dem Meeresboden eingelagert.

Ebenfalls in Norwegen wird eine der ersten vollautomatischen Elektrolyseur-Produktionsanlagen der Welt in Betrieb genommen. Der Betreiber der Anlage (Nel Asa) hat das Ziel, die Kosten zur Herstellung von grünem Wasserstoff bis 2025 auf das Niveau von grauem Wasserstoff zu reduzieren.  Dazu muss der Investitionsaufwand auf ca. 25 Prozent gesenkt werden, was durch größere Stückzahlen möglich ist.

Hohe Anfangsinvestitionen gefordert

Gleiches gilt für die anderen wesentlichen Komponenten, wie Pumpen, Verdichter, Messgeräte und Tankstellen. Ohne das Knowhow von Chemiefirmen, Gase-Spezialisten, Anlagenbauern und Komponentenzulieferern ist das ambitionierte Ziel allerdings nicht zu schaffen. Immerhin sorgt das ungeheure Marktpotenzial für Motivation.

Auch Öl- und Gaskonzerne, darunter BP und Total, beteiligen sich an großen Projekten zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Über 40 Prozent Anteil hat BP an dem „Asian Renewable Energy Hub“ in Australien. Das Gesamtprojekt soll eine Kapazität von 26 Gigawatt haben und somit sogar den chinesischen Drei-Schluchten-Staudamm übertreffen.

Die Vorteile von grünem Wasserstoff liegen auf der Hand. Etwa 30 Länder haben bereits eine Roadmap entwickelt. Weltweit gibt es zurzeit über 220 Großprojekte zum Thema Wasserstoff und bis 2030 sollen mehr als 300 Mrd. Dollar in diesen Bereich investiert werden

Über den Autor

Jörg Horneber kann auf eine klassische mehr als 25-jährige Bankkarriere zurückblicken. Nach einer Ausbildung bei der Deutschen Bank AG im Privatkundengeschäft und einem berufsbegleitenden Studium bei der Bankakademie, übernahm er die Position als Berater im Private Banking der Deutschen Bank AG Nordbayern bis Ende 2005. Darauffolgend als Relationship Manager bei der Commerzbank AG Private Wealth Management. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden.Seit April 2012 verstärkt er das Team der KSW Vermögensverwaltung AG als Portfoliomanager. In dieser Funktion ist er mit der individuellen Betreuung von Vermögensverwaltungsmandaten betraut.