Veggie: Lieber Essen als anlegen!

Fleischersatzprodukte finden immer öfter den Weg in die Supermarktregale. Selbst die Supermarktketten Aldi und Lidl haben Veggi-Burger im Programm. Der Trend erreicht auch die Portfolios der Anleger.

Als Kinder der Flower-Power-Generation trug unser Jahrgang seinerzeit das Pflanzliche quasi im Namen in die weite Welt hinein. Bei der Ernährung durfte es aber durchaus der Sonntagsbraten sein und gegen eine Wurstsemmel war auch nichts einzuwenden. Früher regelte der hohe Preis einen übermäßigen Fleischverzehr. Seit jedoch Wurst- und Fleischwaren zu Dumpingpreisen verschleudert werden, haben sich die Essgewohnheiten deutlich verschoben. Die, fast schon tägliche, Ration Fleisch gehörte lange Zeit einfach dazu.

Erst in den letzten Jahren hat ein deutliches Umdenken stattgefunden. Sofern dann auch noch „Bio“ auf den Produkten steht, geht dieser Wandel mit einer bemerkenswerten Akzeptanz deutlich höherer Preise einher.

Fakt ist, dass die Anzahl an Vegetariern und Veganern seit geraumer Zeit stetig wächst. Immer mehr Bio-Fachläden sprießen aus dem Boden und selbst die Diskonter unter den Lebensmittelhändlern haben mittlerweile ein beachtliches Sortiment an Fleisch- und Milchersatz-, sowie Bioprodukten in ihren Regalen. Vegane Restaurant und Cafés erleben einen regen Zulauf.

Wachstumsraten beim Umsatz von 30 Prozent und mehr für vegetarische und vegane Produkte waren in der jüngeren Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme. Bei gleichzeitig deutlich erhöhten Gewinnmargen kann man sich schon einmal die Frage stellen: Wer sind eigentlich die Profiteure dieser boomenden Industrie, deren Wert nach Schätzungen der Ernährungsorganisation Proveg schon im Jahr 2020 auf etwa 40 Milliarden US-Dollar geschätzt wird?

Anfangs zermarterten sich vor allem kleinere Unternehmen (z. B. Wheaty) und Start-ups die Köpfe, um Ernährungsalternativen zu entwickeln, die ethische und ökologische Aspekte berücksichtigen und dabei gesund und lecker sein sollten. Mit zunehmendem Erfolg sprangen immer mehr Großkonzerne und ehemalige klassische Fleischproduzenten auf den fahrenden Zug auf. Zu den Marktführern bei Fleischersatzprodukten in Deutschland zählen heute unter anderem die Rügenwalder Mühle und Wiesenhof. International spielen die Großen der Nahrungsmittelindustrie wie Nestlé oder Unilever mit diversen Submarken eine bedeutende Rolle.

So schwierig es ist, im Supermarkt oder Bioladen ein Produkt eines reinrassigen veganen Herstellers zu finden, so schwierig ist es, an der Börse echte „vegane“ Aktien zu kaufen, um gezielt von diesem Boom zu profitieren. Einige wenige Ausnahmen sind die Anteilsscheine von John B. Sanfilippo & Son, der Hain Celestial Group oder der Freedom Foods Group. Je nach Betrachtungszeitraum erzielte man mit deren Papieren teilweise beachtliche Gewinne oder erlitt herbe Verluste.

Die zumeist erhöhte Volatilität dieser Aktien ist nicht jedermanns Geschmack, ganz wie bei den Endprodukten der Gesellschaften. Der neue vegane Börsenstar Beyond Meat, um dessen Burger sich die Kunden bei Markteinführung im Supermarkt regelrecht geprügelt haben, scheint sich in dieses Muster perfekt einzureihen. Nach einem fulminanten Börsenstart Anfang Mai und zwischenzeitlichen Kursgewinnen von über 250 Prozent verlor die Aktie in den letzten Tagen gut ein Viertel ihres Börsenwertes!

Vielleicht sollte man vegan doch eher essen, als anzulegen?!

Über den Autor

Seit mehr als 30 Jahren fühlt sich Udo Rieder dem Wertpapiergeschäft verbunden. Der Ausbildung bei der Deutschen Bank AG in Nürnberg folgten Einsätze als Investmentmanager in Lübeck und Genf, wo er das internationale Geschäft sehr wohlhabender Klienten betreute. Seine Rückkehr nach Deutschland führte ihn über die Leitung der Vermögensverwaltung für Nordbayern hin zur Verantwortung für die Investmentmanager im neu gegründeten Geschäftsbereich Private Wealth Management. Im Jahr 2008 ist er zur UBS Deutschland AG gewechselt, um die neu zu eröffnende Niederlassung Nürnberg mit aufzubauen. Seine berufliche Tätigkeit wurde flankiert von berufsbegleitenden Studien an der Bankakademie und der European Business School. Zudem ist er zertifizierter Eurex-Anlageberater. Im Januar 2015 trat Herr Rieder als Gesellschafter der KSW bei, um seine Kunden als Portfoliomanager weiterhin individuell zu betreuen.