Trotz Rekordpreisen droht noch keine Immobilienkrise in den USA

Ende 2017 erreichte der wichtigste Hauspreisindex der USA, der Case-Shiller US National Home Price Index, neue Rekordstände. Hat sich in den Vereinigten Staaten erneut eine Immobilienpreisblase entwickelt? Droht womöglich gar eine neuerliche Finanzkrise wie vor zehn Jahren, wenn diese Blase platzen sollte? Tatsächlich sind die Umstände 2018 ganz andere. Die zu erkennen, reicht der Blick nur auf den Index allerdings nicht aus.

Beim Case-Shiller Hauspreisindex (benannt nach den Ökonomen Karl E. Case und Robert J. Shiller) handelt es sich eigentlich um eine ganze Indexfamilie, bestehend aus 23 Unterindizes. Jeder einzelne erfasst die Immobilienpreis-entwicklung in einer der zwanzig wichtigsten Metropolregionen der USA. Diese werden dann in Gruppen (10-City Composite Index und 20-City Composite Index) zusammengefasst und monatlich veröffentlicht. Zusätzlich wird vierteljährlich der U.S. National Home Price Index veröffentlicht, der weitflächig mehrere US-Bundesstaaten umfasst.

Dieser U.S. National Home Price Index wurde 1987 erstmals veröffentlicht und auf jährlicher Basis bis ins Jahr 1890 zurückgerechnet. Den einzelnen Indizes ist gemein, dass ausschließlich Wiederverkäufe von bestehenden Einfamilienhäusern berücksichtigt werden. Neubauprojekte finden sich somit hier nicht wieder. Für die Berechnung werden immer nominale Preise herangezogen, die Inflation also nicht berücksichtigt.

Zwar korrelieren die Immobilienpreise langfristig nur gering mit der Entwicklung anderer Anlagemärkte wie z.B. dem Aktien- oder Anleihenmarkt. Dennoch dürfte der Case-Shiller Hauspreisindex vielen Anlegern in schmerzlicher Erinnerung sein. Schließlich führte der Verfall der Immobilienpreise in den USA zwischen 2006 und 2012 zu einem Desaster an den internationalen Kapitalmärkten. In einigen Metropolregionen der USA fielen in dieser Zeit die Immobilienpreise um bis zu 60%. Quasi über Nacht waren vermeintlich solide finanzierte Haushalte plötzlich überschuldet. Wer sein Heim verkaufen musste, konnte aus dem Erlös die Schulden nicht mehr komplett zurückführen. Auf der anderen Seite stellten Banken auch Kredite fällig. Die damit verbundenen Ausfälle brachten das ganze Bankensystem ins Wanken. Gleichzeitig führte der Zwang der Haushalte zum Schuldenabbau zu einem erheblichen Rückgang im privaten Verbrauch und in der Folge zu einer schweren Rezession.

Mittlerweile haben die Häuserpreise wieder „Vorkrisenniveaus“ erreicht, was die Angst vieler Anleger vor einer erneuten Überhitzung des Marktes mit schwerwiegenden Folgen für das Finanzsystem aufkommen lässt. Drei Dinge bleiben beim Blick auf die absoluten Zahlen allerdings unberücksichtigt:

1. Eine längerfristige Betrachtung von Nominalpreisen, also ohne Berücksichtigung der Inflation, unterschätzt auch bei niedrigen Inflationsraten deren Bedeutung. So lagen die realen Preise Anfang 2017 noch mehr als 13 % unter den Höchstständen aus dem Jahr 2006.

2. Was bei Aktien die Gewinne, sind bei Immobilien die Mieten. Das Verhältnis aus Hauspreisen und Mieten erreichte 2006 seinen Höchststand. Das bedeutet, dass der Anstieg der Mietpreise nicht mit dem der Immobilienpreise schritthalten konnte. Laut einer Studie der Commerzbank ist dieses Verhältnis zwar seit dem Tiefststand 2012 wieder angestiegen, allerdings noch weit entfernt von den Bewertungen der Jahre 2005/2006.

3. Ursache der Immobilien- sowie der nachfolgenden Finanzkrise waren nicht nur die absoluten Häuserpreise, sondern die damit verbundene Verschuldung. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zu 2006. So sind die Hypothekenkredite der US-Privathaushalte stark gesunken und liegen nun wieder in ihrem langfristigen Durchschnittstrend.

Über den Autor

Seit mittlerweile über 25 Jahren ist Andreas Haubner in der Beratung wohlhabender Privatkunden tätig. Im Anschluss an die klassische Bankausbildung bei der Deutschen Bank AG sowie eines berufsbegleitenden Studiums an der Bankakademie arbeitete er als Berater im Bereich Private Banking der Deutschen Bank AG in Starnberg. Nach einem rund 2-jährigen Einsatz im Produktmanagement in Frankfurt, wo er für den Bereich Investmentfonds bei der Deutschen Bank zuständig war, kehrte er 2003 wieder in die direkte Kundenbetreuung zurück. Seit Anfang 2006 war Herr Haubner als Berater im Wealth Management der Commerzbank AG Nürnberg tätig. Die ganzheitliche und individuelle Betreuung, die ihn durch sein bisheriges Berufsleben stets begleitet hat, führt er seit Juli 2016 als Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung AG fort.