Indien nutzt Impulse aus der Corona-Krise

Indien geriet durch Corona in eine tiefe Rezession. Nicht einmal in den Jahren der Finanzmarktkrise 2008/2009 war das der Fall.

Im Frühjahr 2020 verfügte die indische Regierung einen der strengsten Lockdowns weltweit. Das war unbedingt notwendig, denn der Virus hatte sich in dem Land extrem schnell verbreitet, und das marode Gesundheitssystem war in kürzester Zeit überfordert. Es brach Chaos in dem Land aus. Indien verzeichnet bis heute mit ca. 11 Mio. die zweithöchste Zahl von Corona Fällen weltweit, hinter den USA. Während andere Länder Hilfspakete schnürten, setzte die Regierung um Narendra Modi auf Reformen, zum Beispiel die Deregulierung der Landwirtschaft, was zu zusätzlichen Problemen führte.

Folge: Die Wirtschaft brach im 2. Quartal 2020 um 24 Prozent ein – die erste Rezession seit der Liberalisierung des Landes im Jahre 1991. Im 3. Quartal schwächte sich die Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr noch um ca. sieben Prozent ab, auch für das Gesamtjahr 2020 stand schließlich ein Minus von sieben Prozent zu Buche.

Staat baut Verkehrswege und Gesundheitssystem aus.

Der heftige wirtschaftliche Einbruch hat die indische Führung offenbar wachgerüttelt: Jetzt verdoppelt die Regierung das Haushaltsdefizit im Vergleich zum Vorjahr, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Ein erheblicher Teil der Staatsausgaben – gut 60 Mrd. Euro – gehen in Infrastrukturprojekte, wie den Ausbau des Straßennetzes (über 11.000 km zusätzlich), Stadtbahnprojekte und die digitale Infrastruktur.

Außerdem will Indien das Gesundheitssystem extrem ausbauen. Hierfür sollen 25 Mrd. Euro aufgewendet werden. Allein für die breit angelegte Impfkampagne werden gut 4 Mrd. Euro veranschlagt. Die Impfung ist in Indien sehr gut angelaufen, und an Nachschub sollte es auch nicht mangeln. Der weltweit größte Impfstoffhersteller, „Serum Institute of India“, produziert die von Astra-Zeneca entwickelte Variante für den heimischen Markt. Mit Covaxin von Bharat Biotech gibt es ein weiteres zugelassenes Präparat, das den ambitionierten Impfplan umzusetzen hilft. Bis Sommer versprach Modi, ein Drittel der Bevölkerung immunisiert zu haben. Außerdem will der Regierungschef die bisher fehlende Krankenversicherung für das Land aufbauen, um die Bevölkerung für die Zukunft besser zu schützen.

Fokus auf mehr Export.

Mit „Atmanirbhar Bharat“, was etwa „autarkes Indien“ bedeutet, nutzt die Regierung den durch Corona bereits begonnenen Trend, die Importe zu reduzieren und Exporte zu forcieren. Dazu wurden die Importzölle deutlich angehoben und exportorientierte Unternehmen subventioniert. Ziel ist es die Import-Abhängigkeit von anderen Ländern, vor allem vom Rivalen China, und somit auch das Handelsbilanzdefizit zu reduzieren. Bisher kamen fast 70 Prozent der Warenimporte aus China.

Ausländische Firmen stocken weiter Ihre Investitionen in Indien auf. Ausgerechnet im vergangenen Jahr wurden gut 40 Mrd. Dollar in Indien investiert. Das sind ca. 15 Prozent mehr als 2019. Die Firmen begründen dies mit anhaltend positiven Aussichten der indischen Wirtschaft und der qualifizierten Arbeitskräfte vor allem im IT-Sektor. Zu den Investoren gehören auch deutsche Firmen, wie SAP, T-Systems und Volkswagen. Dem Lockdown geschuldet, haben auch viele Unternehmen einen Digitalisierungsschub erlebt, was die Wettbewerbsfähigkeit deutlich verbessert hat.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für das aktuelle Fiskaljahr ein Wirtschaftswachstum von elf Prozent. Die Voraussetzungen sind vorhanden, um dieses große Land wieder dauerhaft in die „Wachstumsspur“ zurückzubringen. Der Indische Aktienmarkt hat bereits gezeigt was möglich ist. Trotz der Unwägbarkeiten im vergangenen Jahr konnte der indische Aktienindex Sensex ca. 15 Prozent und in diesem Jahr ca. fünf Prozent in Landeswährung zulegen. Eine attraktive Investition zur Ergänzung anderer Schwellenländer.

Über den Autor

Jörg Horneber kann auf eine klassische mehr als 25-jährige Bankkarriere zurückblicken. Nach einer Ausbildung bei der Deutschen Bank AG im Privatkundengeschäft und einem berufsbegleitenden Studium bei der Bankakademie, übernahm er die Position als Berater im Private Banking der Deutschen Bank AG Nordbayern bis Ende 2005. Darauffolgend als Relationship Manager bei der Commerzbank AG Private Wealth Management. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden.Seit April 2012 verstärkt er das Team der KSW Vermögensverwaltung AG als Portfoliomanager. In dieser Funktion ist er mit der individuellen Betreuung von Vermögensverwaltungsmandaten betraut.