Steigende Staatsquote führt Deutschland in die Sackgasse

Der frühere Kanzler Kohl soll gesagt haben: „Ab einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus“. Demnach wäre Deutschland seit 2021 ein sozialistischer Staat. Schieben wir die politische Polemik beiseite, bleibt die große Sorge, dass die Bundesrepublik sich finanziell in eine Sackgasse bewegt. Immer höhere Ausgaben bei gleichzeitig steigenden Zinsen und alternder Bevölkerung verringern die Handlungsfähigkeit des Staats massiv.

Deutlich warnte der Bundesrechnungshof in seinem jüngsten Bericht vor einer Überforderung der Staatsfinanzen angesichts stark steigender Ausgaben. Der finanzielle Spielraum, um weitere unerwartete Ereignisse abfedern zu können, nimmt rapide ab. Die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen wird in den kommenden Jahrzehnten erheblich angespannter werden, besonders die demografische Entwicklung treibt die Ausgabenseite deutlich nach oben.

Was versteht man unter Staatsquote?

Die Staatsquote (auch Staatsausgabenquote genannt) gibt das Verhältnis an zwischen dem Geld, das der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben ausgibt, und dem, was seine Bürger erwirtschaften, also dem Bruttoinlandsprodukt.

Die soziale Sicherung (vor allem die Alterssicherung) macht mit über 40% den Löwenanteil im Bundeshaushalt aus. Rund ein Viertel gibt der Bund für die öffentliche Verwaltung aus. Umwelt, Gesundheit und Verteidigung sind weitere große Posten. Hierbei wird von konsumtiven Ausgaben gesprochen. 2021 machten sie laut dem Internetportal Statista weit über 90% des Bundeshaushalts aus. Je höher dieser Anteil ist, desto weniger bleibt für Investition, die über das Haushaltsjahr hinaus Nutzen stiften, wie z.B. der Bau einer Straße.

Zinswende belastet den Haushalt

In den vergangenen 20 Jahren bewegte sich die Staatsquote von Deutschland stets im Bereich zwischen 43% und 49% und überschritt 2021 mit ca. 51,6% erstmals wieder die 50-Prozent Marke. Zum Vergleich: In den USA lag die Staatsquote bei geschätzt 41,4 %, in Japan bei ca. 43,2 %, und in China gar nur bei 33 % des Bruttosozialproduktes. Auch im europäischen Vergleich schneidet Deutschland schlecht ab. Die gerade begonnene Zinswende und damit steigende Finanzierungskosten verschärften die Situation.

Studien belegen, dass Länder mit einer niedrigeren Staatsquote ein höheres Wirtschaftswachstum generieren. Lediglich bei den ärmsten Ländern dieser Welt (z.B. Somalia oder Sudan) ist diese These nicht anwendbar, da ihnen Sozialsysteme fehlen und dort die Bevölkerung meist schneller wächst als die Wirtschaft.

Aber die Unterschiede Deutschlands zu den USA, China oder besonders Japan (das Land hat eine ähnlich schwierige demografische Zukunft) müssen mehr als zu denken geben. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik wackelt.

Über den Autor

Manfred Rath ist seit mehr als 35 Jahren im Vermögensanlagegeschäft tätig. Bereits nach der Ausbildung ging er den klassischen Weg zum Wertpapierspezialisten in der damaligen Bayerischen Vereinsbank. Dort übernahm er auch die Leitung eines Teams in der Nordoberpfalz, bevor er nach 27-jähriger Zugehörigkeit zur BHF BANK wechselte. In diesen 6 Jahren bei der Privatbank war der Schwerpunkt erneut die Vermögensanlage und -allokation sowie die stellvertretende Leitung der Niederlassung Nürnberg. Seit Juli 2012 ist er als Portfoliomanager für die KSW tätig.